Zum Inhalt springen

Review: Dinosaur Jr. zu Gast in Berlin

27. Mai 2010

Dinosaur Jr. + Built To Spill
21. Mai 2010 – Berlin, SO 36

So sieht das aus, wenn die Organisation eines Konzerts versagt: Die Verlegung aus dem Astra ins SO 36 wurde noch rechtzeitig bekanntgegeben, aber während ein Großteil des Publikums noch vor der Tür wartet, starten Built To Spill vor halbvollem Club eine halbe Stunde früher als angekündigt. Die Co-Headliner haben ihr aktuelles Album There Is No Enemy im Gepäck und spielen eine volle Stunde. Das Publikum dankt es ihnen mit reichlich Applaus. Die Mehrheit der Leute ist aber, der T-Shirt-Zählung zufolge, wegen des Headliners da.

Erst vor neun Monaten (bei dem im Artikel erwähnten Album handelt es sich natürlich um das grandiose Farm) spielten Dinosaur Jr. im Astra, Basser Lou Barlow war sogar im Februar mit seiner Solo-Platte noch einmal in der Stadt und trotzdem ist die Venue (nach Verlegung in das zugegeben kleinere SO) restlos ausverkauft.

Der durchschnittliche Fan ist übrigens offenbar männlich, Mitte 30, und in jedem Fall iPhone-Besitzer. Zwei besonders kultivierte Exemplare positionieren sich noch vor dem Beginn am Mischpult und zeigen das andere Design-Extrem, das den Bandshirt-Trägern diametral entgegen steht: Der ebenfalls erstaunlich häufig vertretene Casual Business Look. Kleinkariertes Hemd muss es schon sein, darüber Strickweste oder -pullover, Brille vor den Augen und die Haare auf dem Kopf schon licht. Die iPhone-Männchen am Mischpult zeigen einander ihre neuesten Projekte und iPhonemännchen 1 muss iPhone-Männchen 2 immer wieder unterbrechen, um mit einem Isländer über die Realisierung des Sommerhäuschens bei Venedig zu quatschen. Schon schwierig, die Finanzkrise.

Als es dann aber losgeht, erblassen die beiden Fast-Kahlköpfe vor Neid im Angesicht der vollen, silbernen Mähne des Papa-Sauriers. J Masics zieht eine 70 Minuten lange Ego-Show ab – gemessen am Sound, der das gut aufeinander abgestimmte Pluckern von Barlows Bass und Murphs Drums kaum zur Geltung kommen lässt.

Setlist: Dinosaur Jr. - 21.05.10 - Berlin, SO 36

Setlist: Dinosaur Jr. - 21.05.10 - Berlin, SO 36

Der Star ist J, daran hat auch die Tatsache, dass nun auch Barlow Songs bei Dinosaur beisteuern darf, nichts geändert. Dabei sagt Masics während des Abends kaum mehr als ein Hallo und ein Danke. Er bewegt sich so wenig wie ein meditierender Mönch, aber spielt wie ein Gott. Schade, dass das nicht ausreicht, um auf voller Länge zu überzeugen. Das aktuelle Album Farm wird mit nur drei Titeln nicht angemessen bei der Songauswahl bedacht. Freak Scene und als Zugabe Swan beenden ein bestenfalls solides Konzert. Wenigstens klatschen am Ende die iPhone-Männchen.

Die Setlist sehr ihr rechts. Zum Weiterlesen: noel at the controls, Soundtechniker im Dinosaur-Universum, bloggt im Allgemeinen von seiner Arbeit mit J & Co. und im Speziellen auch ab und zu von der noch laufenden Tour.

[UPDATE 01.06.10] Das SO 36 hat ein paar nicht allzu aufregende Fotos auf der Website gepostet.

4 Kommentare leave one →
  1. 29. Mai 2010 13:42

    Ein sehr schöner Bericht!
    So viele Schmunzeleien am „frühen“ Morgen – perfekt! :)

  2. 12. Juni 2010 07:06

    Da kann ich ja fast froh sein, das ich es nicht nach Bääälin geschafft habe an dem Wochenende. Nach Hamburch wollten sich die alten Säcke ja nicht bequemen.

Trackbacks

  1. Tweets that mention Review: Dinosaur Jr. zu Gast in Berlin « akkordarbeit -- Topsy.com
  2. 2010 – Ein Jahr in Scheiben « akkordarbeit

Hinterlasse einen Kommentar