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[Review] Frank Turner im Berliner Postbahnhof

5. Dezember 2011

Frank Turner & The Sleeping Souls + The Xcerts
Berlin, Postbahnhof – 2. Dezember 2011

Was soll man zu diesem Mann noch sagen? Nach dem sehr guten England Keep My Bones hat er in diesem Jahr noch eine Raritäten-Compilation rausgebracht, er ist mit einigen seiner größten Idole durch die Staaten und Europa getourt und bis zum Ende des Jahres wird er an die 1200 Konzerte gespielt haben. Im April wird er die Bühne in der legendären Wembley Arena in London als Headliner betreten: Frank Turner. Was für ein Jahr für den Engländer. Wieder mal, muss man sagen. Zum Abschluss des Konzertes erinnert er sich, dass er vor zweieinhalb Jahren zum ersten Mal in Berlin gespielt hat und keiner diesen Typen mit der Gitarre kannte, der da The Gaslight Anthem supportet hat. Und an diesem Abend ist der Postbahnhof restlos ausverkauft. Wer so viel tourt, wird belohnt.

Wer so viel tourt, sollte aber auch ab und zu mal seine Stimme schonen, denkt man nach den ersten drei Songs. Turners Stimme überschlägt sich öfter und früher als gewöhnt. If I Ever Stray klang schon mal besser, aber dafür nimmt das Publikum ohne jede Aufforderung seine vorgesehene Rolle ein und unterstützt ihn kräftig. Das gelingt den Leuten bei den Songs des neuen Albums, die wieder zahlreich in der Setlist vertreten sind, besser als beim Rest. Daran sieht man, wie viele Menschen Turner gerade mit dem letzten Album erreicht hat. Mehr Folk als früher und gleichzeitig mehr Rock denn je, die Liebe zum Pop wie immer und die D.I.Y-Attitüde jederzeit vorne dran. Entsprechend fühlen sich die Radiohörer genauso angesprochen wie die Kids, die sich Punk nennen oder fühlen. Und alle dazwischen auch. Das ist wie immer nicht ganz unproblematisch für jene, die ihn von den ganz kleinen Bühnen kennen und mochten. Das Konzert folgt natürlich viel starreren Regeln, als wenn ein Mann mit einer Akustikgitarre vor 200 Leuten steht. Die Witze und Aktionen sind teilweise die gleichen wie vor einem halben Jahr. Aber die Setlist ist erfrischend durcheinander gewirbelt. Der alte Hit The Road wird gleich am Anfang verballert, der neue Hit I Still Believe ans Ende geschoben. Wessex Boy ist ins Set gerutscht und als erste Zugabe spielt Turner die Rarität Rock’n’Roll Romance von der 2010er EP. Das reguläre Set beendet er mit Queens Somebody To Love, das zum Triumphzug gerät und die Tatsache rechtfertigt, dass neben Billy Bragg und Bruce Springsteen auch Freddie Mercury als Referenz auftauchen darf, wenn man seine Bühnenpräsenz beschreiben will.

Man gönnt diesem immer noch schweinesympatischen Typen auf der Bühne den Erfolg und dass der Mördertourplan auch zukünftig im Nightliner gemeistert werden kann, keine Frage. Aber noch größer werden muss er erst mal nicht. Wenn keiner mehr The Ballad Of Me And My Friends mitsingen kann, dann fehlt etwas, das seine Shows bis jetzt besonders gemacht hat. Wenn wir allerdings weiterhin solche Alben wie in diesem Jahr und Tourstopps alle paar Monate geliefert bekommen, dann ist der Weg in größere Hallen auch in Deutschland nicht aufzuhalten.

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