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[Review] Social Distortion + Frank Turner in Berlin

20. Juni 2011

Social Distortion + Frank Turner & The Sleeping Souls
07. + 08. + 09. Juni 2011 – Berlin, Huxleys Neue Welt

Gut gekleidet am 08. Juni im Berliner Huxleys: Mike Ness (Foto: flickr // Uploaded (Marcus Grbac) // CC-by-nc-nd)

Gut gekleidet am 08. Juni im Berliner Huxleys: Mike Ness (Foto: flickr // Uploaded (Marcus Grbac) // CC-by-nc-nd)

Würde ich in Süddeutschland wohnen und wäre ich Fan von Social Distortion – ich wäre ja angepisst gewesen. Der Tourplan von Mike Ness‘ Kapelle weist ganze 10 Shows in Deutschland auf. Davon vier in Hamburg, drei in Berlin, eine in Leipzig und dann noch die Festival-Auftritte bei Rock am Ring und Rock im Park. Also wie gesagt, ich wäre angepisst. Nun bin ich aber weder ausgesprochener Social-D-Fan noch wohne ich in Süddeutschland. Wenn Frank Turner aber drei Mal in Berlin supportet, gibt es für mich keinen Grund nicht jedes Mal dabei zu sein. Und auch wenn einige Ness-Devotees den Berlin-Besuch eben wegen Social D auf drei Tage auslegen – ich wäre ja schon wieder angepisst: Drei Mal die annähernd gleiche Setlist. Die gleichen Ansagen, die gleichen Begrüßungen. Das ist irgendwie Mittelmaß.

Dazu kommt diese unfassbare Hitze am ersten Abend. Das Huxleys ist an heißen Tagen einfach nur eine unbelüftete Turnhalle mit verdunkelten Fenstern, auf die von jeder Seite die Sonne knallt. Entsprechend fließt der Schweiß rinnsalartig. Weil das Wetter schlechter wird, verbessert sich die Temperatur im Laufe der nächsten Tage. Genau wie Frank Turner von Tag zu Tag besser wird. Wenigstens er stellt das Set ein wenig um und sorgt so für Abwechslung. Zudem beendet seine Band Photosynthesis und damit auch den Support-Gig am ersten Abend mit David Hidalgo, Jr. an den Drums. Am zweiten Tag gebührt diese Ehre Nigel Powells Sohn Jacob, der seinen 13. Geburtstag feiert und den Song angemessen nach Hause trommelt. Während des dritten Sets schließlich übernimmt Jonny die Mundharmonika in I Still Believe. Wer weiß, wenn das so weitergeht, steht eines schönen Tages auch Mike Ness schon mit seinem Support auf der Bühne.

A propos Mike Ness: Ja, er ist eine lebende Legende. Absolut verzeihlich, dass er sich für einige Songs den ausgedruckten Text auf die Bühne tragen lassen muss. Und seine Performance ist stark: Hier spielt der Chef noch selbst Lead-Gitarre. Zumindest meistens. Der Gesang klingt wie auf Platte. Aber ich habe scheinbar etwas verpasst, denn ich weiß nicht, was daran Punkrock ist, wenn man von den „German bitches“ spricht, die doch mal Lärm machen sollen. Und das war nicht der einzige Moment, der mir etwas bitter aufgestoßen ist. Genauso wenig Punkrock ist es, für die Zugabe zwei knapp bekleidete Background-Sängerinnen an den Bühnenrand zu stellen. Aber bizarrerweise gehören die zwei Songs, die von den beiden begleitet werden, zum Besten, was man an den drei Abenden zu hören bekommt. Das hat sogar was von Mo-Town-Sound. Das ist ein Ausbruch aus der immerwährenden Routine des 90-Minuten-Sets mit unglaublich wenigen Tempowechseln bei unglaublich vielen Mid-Tempo-Stücken. Mit Ring Of Fire als letzten Song werden alle versöhnt. Aber letztlich bleibt der Eindruck haften, dass man an diesen Abenden Vergangenheit und Zukunft des Main-Stage-Rock’n’Roll auf einer Bühne gesehen hat. Nur in umgekehrter Reihenfolge. Denn was aus Social-D-Supportbands werden kann, hat man in den letzten zwei Jahren ja an The Gaslight Anthem beobachten können.

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