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Bad Religion auf ihrer Anniversary-Tour in Berlin

11. Juni 2010

Bad Religion + Eternal Tango
08. Juni 2010 – Berlin, Huxleys Neue Welt

Es muss schon ein geiles Gefühl sein, wenn einem zum 30. Geburtstag keine „witzigen“ Grußkarten geschenkt werden, die einem durch die Blume aufs Auge drücken, dass man jetzt alt wird, sondern die Leute einem die Bude einrennen, um eine gemeinsame Party zu feiern. Und so prangt auch „SOLD OUT!“ an den Türen des Huxleys beim Berliner Konzert auf der Tour zum 30-jährigen Bandjubiläum von Bad Religion. Mit einigen Unterbrechungen haben sie es zu der Cali-Punk-Institution gebracht und heute steht ihr Bandlogo, das durchgestrichene Kreuz, in einer Reihe mit der roten Stones-Zunge, dem Metallica-Schriftzug oder dem AC/DC-Blitz.

Eternal Tango on stage @ Huxleys Neue Welt, 08.06.2010

Eternal Tango on stage @ Huxleys Neue Welt, 08.06.2010

Zur Unterstützung haben sie sich Eternal Tango aus Düdelingen in Luxemburg eingeladen, einem kleinen Land, in dem die Jubilare Graffin zufolge auf dieser Tour zum ersten Mal spielen werden. Von der halbleeren Halle erhalten die Kleinstädter freundlichen Applaus, aber ihr letzter Song mit dem sinnstiftenden Titel Da/Da lässt den Wunsch aufkeimen, es Support-Acts einfach zu verbieten, Mitsing-Parts einzubauen, da das doch eh immer nur in Peinlichkeiten endet, weil niemand mitmacht… Dabei hinterließ das Queen-Cover Don’t Stop Me Now doch solch einen guten Eindruck.

Keine zwanzig Minuten, nachdem sie den Platz geräumt haben, betreten Bad Religion die Bühne und sie klingen tatsächlich keinen Tag älter als 30. Noch immer füllt sich die Halle und durch die abgeklebten Scheiben an der Hallenseite erkennt man gut, dass die Sonne nur sehr langsam untergeht, was Graffin zu einem besonderen Dank veranlasst. Schließlich hätte man den Abend bei diesem Wetter ja auch schön draußen verbringen können. Stattdessen schlagen sich die Mit-der-Band-Alt-GewordenenJung-Gebliebenen mit den Jungpunks nach einer drei Songs dauernden Abtastphase freundlich die Köppe ein.

Bad Religion live on stage @ Huxleys, 08.06.2010
Bad Religion live on stage @ Huxleys Neue Welt, 08.06.2010

Diejenigen, die Bad Religion vorwerfen, sie spielten seit Jahrzehnten ein und denselben Song, werden auch heute Abend nicht von ihrer Meinung abweichen, aber das Publikum kümmert das herzlich wenig. Sänger Greg Graffin tigert im Kreis vor dem Drumset umher und bellt die melodischen Texte, während zu seiner Linken Greg Hetson versucht, ein möglichst glaubwürdiges Double von Mr. Mini-Me abzugeben. Wenn er etwas in die Knie geht, gelingt ihm dies besonders gut. Brian Baker am rechten Bühnenrand könnte aus der Ferne auch als Doppelgänger des brasilianischen Präsidenten Lula durchgehen. Und Brett Gurewitz (sorry, der war nicht anwensend, in Wahrheit war es) Jay Bentley am Bass ist einfach da, greift Graffin bei den Vocals unter die Arme und liefert die Chöre. Der deutlich jüngere Brooks Wackerman tut, was ein Trommler eben tut.

Das ist tight, das macht Spaß, ist bisweilen sogar amüsant. Zwischen den Songs, einem Best-Of-Set, kündigen sie ein neues Album für „September oder Oktober“ an und weisen auch auf ihr kürzlich erschienenes Live-Album hin. Nicht, damit die Fans den Merch-Stand leerräumen, sondern, weil sie es daheim gratis herunterladen können. Der Merch-Stand wird trotzdem fleißig aufgesucht. Denn solch faire Merch-Preise, das soll nicht unerwähnt bleiben, hat keine andere Band dieser Größenordnung. Es ist schön zu sehen, dass diese Band sich nicht allein auf die selbstrefenzielle Legendenbildung beschränkt, sondern wahrscheinlich auch zum 40-jährigen Jubiläum noch relevant sein wird.

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